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mehr als wohnen

Genossenschaftsstrasse 16, 2015

Bild von Ursula Meisser

Architektur  

Duplex Architekten, Zürich

Nutzung

5 Wohnungen mit 6 1/2 Zimmern;
5 Wohnungen mit 5 1/2 Zimmern;
10 Wohnungen mit 4 1/2 Zimmern;
5 Wohnungen mit 3 1/2 Zimmern;
4 Studios;
Städtische Kindertagesstätte; Heilpädagogische Schule

Der Piranesi

Der Raum ist fünf Geschosse hoch, oben verglast und misst 130 Quadratmeter. Er ist Lichthof, Erschliessungsraum und Begegnungsort zugleich. Galerien umlaufen ihn bewegt, auf jeder Etage anders, dazwischen schiessen Treppen kreuz und quer durch die Luft. Dan Schürch von Duplex Architekten ist stolz: «Ein Piranesi, nicht bloss gezeichnet, sondern gebaut!» Während andere Bauten die 12 Prozent Volumen, die man gemäss Regelwerk vom Mantelvolumen wegnehmen darf, zur plastischen Belebung und Belichtung nutzen, lenkt dieses Haus alle Kraft nach innen. Folgerichtig ziehen die Architekten im Zentrum sämtliche Register. Ateliers und Waschküchen öffnen sich grosszügig verglast. Höher angeschlagene Fenster verbinden Wohnungen und Halle. Beide profitieren voneinander: Ohne Blickbezüge und zusätzliches Licht wäre die soziale Halle dunkel und verschlossen. Umgekehrt lässt sich ein 12 Meter tiefer Baukörper nicht einseitig belichten. Die Halle ist das Zentrum der Obergeschosse. Im Erdgeschoss findet sich die Idee des mehrfach genutzten Raums wieder. Für den Kindergarten und die heilpädagogische Schule, die das gesamte Erdgeschoss besetzen, ist die über Oberlichtkuppeln erhellte Mitte gleichzeitig Garderobe, Erschliessungsraum und Spielfläche. Hier leistete sich die Stadt Zürich als Bauherrin den Ausbauvorschlag der Architekten: Eichentüren, eine Schreinerküche mit runden Ecken und Glasfasertapete. Die Wohnungen darüber sind sparsamer ausgebaut. Putz bedeckt die Wände, Linoleum den Wohn- und Kochbereich, die Betondecken sind ungestrichen. Die Grundrisse der Eckwohnungen sind durchdacht: Von den durchgesteckten Wohnräumen mit Loggien reichen Küchenzeilen zur jeweils anderen Seitenfassade und eröffnen vielfältige Blickbezüge. Aussen gibt sich der Bau so bescheiden, wie er konstruiert ist. Über dem Sockel aus vorfabrizierten Betonelementen rhythmisieren stehende Holz-Metall-Fenster das fein verputzte Einsteinmauerwerk. Grober Waschputz akzentuiert die Loggien. Vor den Fenstern sitzen Staketengeländer. Auf der Schauseite zum Park laufen sie über die gesamte Fassadenlänge. Um Kosten und Komplexität zu verringern, suchte die Genossenschaft mit dem TU Standardisierungsmöglichkeiten. Zum Beispiel bei den Geländern aller 13 Häuser, auch im schönen Hofraum. Doch auch ohne appetitliche Baudetails nimmt das wilde Treiben der Treppen und Geschossplatten jene Lebendigkeit vorweg, die sich ihre Macher und Bauherren darin erhoffen. Der Piranesi ist das Bühnenbild genossenschaftlichen Zusammenlebens. (Text: Hochparterre 07/15, PP)

Bilder: Ursula Meisser / Walter Mair / Baugenossenschaft mehr als wohnen