Die Baugenossenschaft mehr als wohnen benutzt unter anderem die geschlechtergerechte Schreibweise mit dem Stern. Sie können bei Bedarf in den meisten Screenreadern einstellen, den Stern nicht mitzulesen. Vielen Dank!

mehr als wohnen

Dialogweg 11, 2015

Bild von Ursula Meisser

Architektur

Müller Sigrist Architekten, Zürich

Nutzung

4 Wohnungen mit 5 1/2 Zimmern;
16 Wohnungen mit 4 1/2 Zimmern;
10 Wohnungen mit 3 resp. 3 1/2 Zimmern;
4 Wohnungen mit 2 resp. 2 1/2 Zimmern;
4 Studios;
Bäckerei, Kultursalon

 

Der Akrobat

Wie viele Geschosse hat dieses Haus? Fünf, sagt sich, wer die Ecken betrachtet. Sieben, meint, wer die Fassadenmitte studiert. Und auf welchem Niveau liegen nun die Decken? Welches ist die Brüstungshöhe? Von aussen betrachtet stellt das Gebäude lauter Fragen, die auch ein Augenschein im Innern nur teilweise beantwortet. Es ist ein komplexes räumliches Gebilde – so komplex, dass man sich wundert, wie strukturiert die Fassade am Ende doch geworden ist. Für die Mieterinnen hat sich die Grundriss- und Schnittakrobatik der Architekten gelohnt: Sie kommen nämlich – zumindest in den grösseren Einheiten – in den Genuss eines fast vier Meter hohen Wohnraums mit einer ebenso hohen, vorgelagerten Loggia. Insbesondere die Eckwohnungen erhalten dadurch eine aussergewöhnliche Grosszügigkeit, garniert mit einem schönen Weitblick in den oberen Geschossen. Die überhohen und die normal hohen Teile der Wohnungen sind alternierend übereinandergestapelt, was in der Vertikalen einen Fünfsiebteltakt erzeugt. Doch wie verbinden sich die beiden unterschiedlich hohen Teile zu einer Wohnung? Nicht etwa so, dass sich die eine Wohnung nach unten, die andere hingegen nach oben erweitert. Das wäre zu einfach – und nicht barrierefrei. Des Rätsels Lösung heisst Split-Level. Er ermöglicht es, dass ein überhoher Raum nicht ins darüberliegende Geschoss hineinragt, sondern zum Boden des eineinhalb Etagen höher gelegenen Niveaus wird. Dort kann sich der nächste hohe Raum einschieben, dessen normal hoher Teil indes auf der Gegenseite liegen muss. Schon das Wettbewerbsprojekt der Architekten Müller Sigrist von 2009 zeigte dieses Prinzip – damals allerdings noch in einem zeilenförmigen Baukörper. In der Überarbeitung rollten sie diese Struktur zu einem kompakten Volumen zusammen, das von zwei unabhängigen Treppenhäusern erschlossen wird. Dieser Gebäudekern nimmt auch die unregelmässige Form des Baufeldes auf, sodass die Wohnungen mit Ausnahme der hohen Eckräume dem rechten Winkel gehorchen. (Text: Hochparterre 07/15, WH)

Bilder: Ursula Meisser / Müller Sigrist Architekten / Baugenossenschaft mehr als wohnen