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mehr als wohnen

Genossenschaftsstrasse 11, 2015

Architektur

Pool Architekten, Zürich

Nutzung

4 Wohnungen mit 5 1/2 Zimmern;
10 Wohnungen mit 4 1/2 Zimmern;
8 Wohnungen mit 3 1/2 Zimmern;
2 Studios;
Nähatelier; Kunsttherapeutische Praxis; Hauswartung; Redaktionsbüro; Kinderkleiderbörse; Büro; Malerei

Das Gartenhaus

Leicht konstruiert, bekleidet, zergliedert – das Haus erscheint als Antithese seines Nachbarn aus Beton. Dieser ist höher, steht nur neun Meter entfernt und füllt mit tiefen Leibungen und hohen Fenstern fast sein gesamtes Mantelvolumen. Beim Haus an der Genossenschaftsstrasse 11 nahmen Pool Architekten rund ein Viertel des Volumens weg und schufen so einen zum massigen Nachbarn hin offenen Hof. Dadurch erhalten die rundum gruppierten Wohnungen ausreichend Tageslicht. Auch konstruktiv unterscheiden sich die zwei Bauten aus gleicher Architektenhand. Dort das Dämmbetonhaus, hier der Hybrid: Das Erdgeschoss und zwei Erschliessungstürme sind aus Beton, die Wohnungen sind reine Holzbauten. Die offene Treppe und die Laubengänge im Hof sind aus Stahl und erschliessen alle Wohnungen und den von transparentem Wellkunststoff umhüllten Wintergarten, der ebenfalls aus Stahl konstruiert ist. Weil die kompakten Eco-Wohnungen auf private Aussenräume verzichten, treffen sich ihre Bewohnenden in diesem ungedämmten, dafür aber riesigen Gemeinschaftsraum. Inspiriert von Wohnbauten der französischen Architekten Lacaton & Vassal erinnert er an ein Gartenhaus. Dank seitlicher Schiebefenster und Oberlichter, die sich mittels industriell anmutender Elektrokurbeln öffnen lassen, wird die Plastikbox im Sommer zum luftigen Aussenraum. Unverkleidet präsentiert sich das Holztragwerk in den Wohnungen mit meist 3½ oder 4½ Zimmern. Kräftige Balken und Stützen gliedern die Wohnungen und rahmen die weiss verputzten Innenwände oder verbinden sich mit den stehenden Bohlen der Aussenwände. Damit die Raumstimmung nicht ins allzu Heimelige kippt, wählten die Architekten einen kräftigen Aubergineton für den Linoleumboden und strichen die Fensterrahmen dunkelgrau. Vertikale Fensterbänder gliedern die Fassade – «weil sich die Öffnungen am einfachsten durch das Weglassen einzelner Bohlen ergeben», erklärt Projektleiter Martin Gutekunst. Je zwei solcher Bänder mit französischen Fenstern liegen in den Wohnräumen nahe beieinander. Bei den Zimmerfenstern lässt sich nur die obere Hälfte öffnen. Aussen sind die Bänder lindgrün gestrichen. Dazwischen bedecken kleinteilige Eternitschindeln die hinterlüftete Fassade. Zum Hof sind es grosse Eternitplatten. Die Fassaden sind belehrend und beliebig zugleich. Durch ihre gebastelt wirkende Vielfalt haben sie aber zugleich etwas von jener Direktheit, die man am schicken Betonnachbarn vermisst. (Text: Hochparterre 07/15, PP)

Bilder: Ursula Meisser / velvet / Niklaus Spoerri / Baugenossenschaft mehr als wohnen